Die erdhaften Farben, die in Stefan Härdis Malerei dominieren, sind Erinnerungen an Tibet, wo er sich längere Zeit aufhielt. Sie sind auch Ausdruck seines erdverbundenen Wesens, das mondänen Schnörkeln abhold ist. Härdi ist nicht eitel: Er braucht die Kunst nicht, um sich vorzuzeigen, sondern um mit ihr zu leben. Seine Bilder sind nicht Wiedergabe von anekdotischen Begebenheiten, widerspiegeln nicht gesellschaftliche oder politische Anliegen unserer Zeit, sondern sind vielmehr Signale der Seele, bilden geistige Befindlichkeiten, emotionale Erschütterungen und Verschiebungen ab.
Härdis Bilder sind von grosser Ausstrahlungskraft. Sie sind spannungsreich und voller Bewegung. Deckend, lasierend, glatt oder mit fast fauvistischem Pinselduktus wird die Farbmaterie auf die Leinwand aufgetragen. Mit schwungvoller oder stakkatoartiger Bewegung zieht der Maler Bögen und Furchen, die Aufmerksamkeit erheischen. So entstehen Farblandschaften, die rhythmisch gegliedert sind, kontrastreich und spannungsvoll aufgebaut, vielfältig, abwechslungsreich und oft überraschend im Detail.
Das berühmte, von Plutarch überlieferte Diktum des griechischen Dichters Simonides, dass die Malerei eine stumme Dichtung sei, die Dichtung aber ein sprechendes Bild, wird durch Härdis Bilder ins Bewusstsein gebracht und erlangt so eine aktuelle Bedeutung.
Prof. Dr. Andreas Seiler